augenblick & eigensinn: Zeit zum Drucken

Montag, 17. März 2014

Zeit zum Drucken

Druckplatte mit Farbe vor dem Druck

Kennt Ihr das? Endlich ist der große Moment da, auf den man seit Wochen hingearbeitet hat, alle Vorbereitungen sind soweit getroffen, Material ist endlich beisammen, das Zeitfenster ist vorhanden, es kann endlich losgehen - und man hat ein flaues Gefühl im Magen und traut sich nicht so recht? Was, wenn alles misslingt? Wenn die Erwartungen viel zu hoch waren? Mir geht es jedes Mal so, wenn ich mich nicht kopfüber in ein Projekt stürzen kann, sondern durch längerfristige Vorbereitung Zeit habe, Vorstellungen auszufeilen und Ansprüche zu entwickeln. Dann habe ich Angst, dass ich enttäuscht sein könnte, wenn alles nicht so funktioniert, wie ich mir das gedacht habe. Wenn ich einfach drauf los experimentiere, bin ich freier und habe das Glück, mich von dem, was dann passiert, beschenken lassen zu können, ohne schon wieder den Wertmaßstab einer Zielsetzung ansetzen zu wollen. 

Mein Arbeitstisch und das produktive Chaos rundherum
Also habe ich mich gestern endlich durchgerungen und habe alle Zutaten, die ich sonst so für mein ArtJournal verwende und die sicher verstaut in Boxen im Schrank lagern, in mein Behelfsatelier geschleppt und dort auf dem Tisch und aus Platzmangel auch auf dem Boden ausgebreitet. Schließlich macht es Sinn, nicht erst in den Kisten kramen zu müssen, wenn man die Finger voller Farbe hat, was zumindest bei mir unweigerlich passiert. Ich besitze eine bunte Sammlung unterschiedlichster Alltagsgegenstände, mit denen man Hintergründe lebhaft gestalten kann, angefangen von zweckentfremdeten Moosgummi-Formteilen über Spülmatten und Einlegesohlen :)... Ganz im Ernst: Betrachtet mal die Dinge, die Euch täglich umgeben, unter dem Gesichtspunkt, ob man damit Spuren in frischer Farbe erzeugen kann - es ist erstaunlich, was man dabei so alles entdeckt...
Nachdem ich mich dann also bestmöglich vorbereitet und den gesamten Raum in Chaos versetzt hatte, kam der spannende Moment...
Der erste Druck
So, da ist er, der erste Druckversuch! Ich hielt das Blatt in der Hand und wusste sofort, was falsch gelaufen war: ich habe den letzten Druckschritt zuerst gemacht :(
Der Umgang mit Positiv- und Negativformen und der Schicht-Ablauf des Druckens erfordert ein gewisses Umdenken im Kopf, wenn man zielgerichtet an das Projekt heran geht. (Und ich hatte ja eine ziemlich konkrete Vorstellung, wo ich hin wollte...)
Der erste Druck hätte mit hellen Farben erfolgen müssen - und ohne Motive... Aber zum Glück ist es ja ein erster Versuch auf Papier (meine bestellten Leinwände sind nämlich noch immer unterwegs).

Also habe ich fleißig weiter gearbeitet (und irgendwann hat es mich dann doch so gefangen genommen, dass ich zum Experimentieren übergegangen bin und völlig vergessen habe, dass ich ja auch fotografieren wollte...)
Experimentelle Stadien
Bei manchen Bildern habe ich dann begonnen, mit Vaseline zu arbeiten, um Motivbereiche des Bildes, die ich schon ganz gelungen fand (in diesem Fall hier sind es die beiden Fische), gegen neuen Farbauftrag zu versiegeln. Die Vaseline lässt den größten Teil der Farbe abperlen, die danach aufgebracht wird, und kann dann mit Babytüchern entfernt werden, so dass der ursprüngliche Farbgrund wieder zu Tage tritt. Allerdings sind dieser Technik Grenzen durch das Papier gesetzt. Ich habe hier mit dickem Aquarellpapier gearbeitet, welches im feuchten Zustand leider nicht so widerstandsfähig ist, wie für diese Technik wünschenswert wäre.

Platte und Finger - sichtlich in Mitleidenschaft genommen

Nach zwei Stunden wilder Panscherei habe ich mich dann schweren Herzens losgerissen, da sich noch Besuch angekündigt hatte, und habe das allergrößte Chaos zu beseitigen versucht. Wie man an meinen Fingern sehen kann, war fotografieren nicht mehr so angesagt (Acrylfarbe an der Kamera macht sich einfach nicht wirklich gut), die Ergebnisse liefere ich aber noch nach, versprochen!
Außerdem hat meine Gelatine-Platte sichtlich gelitten, die Kanten der Schablonen haben sich deutlich in die Oberfläche geprägt und sind auch beim Drucken als schwache Spuren sichtbar. Auf der einen Seite ist das ganz charmant, auf der anderen Seite zeigt es aber auch leider, dass die Belastbarkeit dieses Eigenbaus eher begrenzt ist. Schade... Aber um sich mit der Technik an sich zu beschäftigen, ein ganz hilfreicher Schritt zur Entscheidungsfindung, ob sich die Investition in eine "Gelli-Plate" aus Amerika lohnt. 
Diese Platte ist auch für das, was ich eigentlich damit vorhabe, zu klein, ich werde auf jeden Fall noch mal die Herstellung einer größeren Platte versuchen. Allerdings bin ich noch auf der Suche nach dem richtigen Format und einem entsprechenden Behältnis für die Herstellung und Lagerung. Aber alles schön der Reihe nach.
Trocken-Chaos auf dem Fußboden

1 Kommentar:

  1. Das mutige Drauflosexperimentieren(was für ein Wort!) gefällt mir auch so gut. Das Druckergebnis sieht doch gut aus.
    LG
    Magdalena

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